Dienstag, 18. Mai 2010

deutsche industrienorm, ziellose reinigungsversuche und gute kunst

Schon gestern abend kommen die ersten anrufe auf meine anzeige – ein indiz dafür, dass die nummer nun richtig ist. aber: man verlangt den englisch-lehrer! Anscheinend wurde der text-fehler nicht ausgeräumt und da der anzeigentext auf englisch ist, liegt es nahe, nach einem englisch-lehrer zu verlangen. Nun, ich brauche die anzeige ja nun eh nicht mehr wirklich, da ich inzwischen auf anderem wege schüler gefunden habe, die ich demnächst in deutscher sprache unterrichte. Und auch meine bemühungen, die arabische sprache zu erlernen haben heute einen wichtigen schritt nach vorne unternommen. Ich habe mich mit meinem tandelpartner shakir getroffen und nach einigen sprachlichen übungen sind wir nach halbuni, wo die universitätsbuchhandlungen sind, und haben mir vokabelkärtchen zuschneiden lassen. Ich hatte nämlich versucht, hier welche in dinA8 zu bekommen: aussichtslos (die deutsche indutrie-norm geht der syrischen industrie ganz offenbar überhaupt ab). Die größeren selbst zu zerschneiden schien mir erst eine alternative, aber die sind mit so dicken schwarzen linien bedruckt (dann auch noch in der falschen richtung), dass ich die arabischen vokabeln, wenn ich sie dann kunstvoll gemalt hatte, darauf kaum erkennen konnte (wer und wozu braucht man solche karten?). die neuen nun sind aus guter pappe, linienfrei und wunderbar! Sie sind sogar gerade geschnitten!

Treffe mich mit ian im park, um viel zu süßen nescafe zu trinken. Er ist wirklich eine bereichernde neue bekanntschaft. Tickt ähnlich und hat interessante dinge zu berichten. Zudem hat er die gleichen probleme beim arabischlernen – das hört man ja auch gerne! Seinem rat folgend aktiviere ich gleich ein weiteres tandempartnergesuch, denn er meint, man brauche mindestens drei verschiedene. Mit einem, said verabrede ich mich recht unkompliziert gleich für morgen Mittag bei goethe im cafe. Er scheint kurde (zumindest seinem wohnort nach) und ähnlich flexibel zu sein, wie mein erster tandempartner, allerdings noch besser deutsch zu sprechen. Die wohnviertel sind hier ja oftmals noch recht aufschlussreich, in bezug darauf, woher jemand kommt. Wenn jemand aus jarmuk kommt, ist er mit 95%-iger wahrscheinlichkeit palästinenser, kommt er aus rokneddin, dann kurde. In midan wohnen fast nur alteingesessene familien aus damaskus, in muhashreen oder mezze jabal auch ein paar europäische ausländer, die man z.b. in bab el jabi oder bab es srischi nie finden würde. Christen wohnen in bab touma oder kassaa, schiiten in der ameen-straße und umgegend. Iraker wiederum findet man in jeremania oder sednaja und so weiter.

beim sport muss ich ebenso hoffnungs- wie ziellose reinigungsversuche miterleben. Es wird wasser überallhin verspritzt, ohne dass weitere anstrengungen unternommen würden, dem schmutz auf mechanischem wege beizukommen. Durch die nun überall herrschende feuchtigkeit löst sich – zum beispiel von den dort getragenen straßenschuhen – der schmutz, der bis dato noch gebunden war und innerhalb kürzester zeit ist alles mit einem braunen schmier überzogen. Nur das kleine stück steinfußboden im eingangsbereich wird mit (einer halben dose) scheuerpulver überstreut. Selbiges scheuerpulver, das seinem namen keine ehre macht, denn es scheuert ja nicht selbt (was es hier aber müsste, denn niemand erbarmt sich, mit ihm zu scheuern), wird alsdann mit viel wasser hinweggeschwemmt. Da es aber das charakteristikum eines eingangsbereiches ist, dass immer neue leute kommen, sieht auch der noch feuchte boden kurz darauf schlimmer aus, als zuvor. Ich war bisher davon ausgegangen, dass sich der schmutzigkeistzustand des studios durch jahrelange abwesenheit einer reinigungskraft gleichsam von selbst ergeben hatte. Jetzt weiß ich, er ist durch menschliches tun verursacht.

Das internet – wenn es denn funktioniert – ist ja eine schöne erfindung. Aber eben nur, wenn es läuft. Heute lief nix. Im pages wurde ein film gedreht, weswegen dort publikumsverkehr nicht gestattet schien. Im knusper stapelten sich die laptops in so großer dichte, dass ich schon um die startseite zu öffnen über 10 minuten brauchte. Dagegen waren die übertragungsraten mit einem analogen modem in deutschland ganz zu beginn der internet-epoche noch atemberaubend. Und das problem: mein macbook möchte ein sicherheitsupdate von 200 mb machen. Dazu muss es aber erstmal 200 mb herunterladen. Die avisierte ladezeit wird immer mit 1 tag und 15 stunden angegeben. Eine dauer, die ich unmöglich gewillt bin, in einem internetcafe auszuharren, zumal ja auch die irgendwann schließen. So muss ich denn weiterhin ohne sicherheit dahinleben. Wie machen das andere leute in der dritten welt?

Am abend ali bei mir. Es geht ihm nicht gut, wegen irgendwelcher familiensachen oder so (verpennte hochzeit, mysteriöse anrufe, was auch immer). mein arabisch ist, um problemgespräche zu führen, doch dann noch zu rudimentär. Ich arbeite dran. Es wird aber dennoch ein sehr langer und doch recht lustiger abend. Sehen zusammen noch „the rasberry reich“ von bruce la bruce, den ali nicht versteht, der ihm aber irgendwie gefällt. Ja, daran erkennt man gute kunst!

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