Mittwoch, 12. Mai 2010

echte brötchen, klinsmann-bmw-hitler und tolle trommeleinlagen

Nach dem sport (wenn ich später gehe ist es etwas leerer – vermutlich gibt es eine reihe übermotivierter, die ab neun zur arbeit müssen), gehe ich mit rafik ins knusper, das deutsche cafe zum späten frühstück. Mich gelüstete nach deutschen brötchen. Ich kann das fladenbrot nicht mehr sehen. Zumal es bei mir um die ecke nur das doofe, gewöhnliche gibt. Das etwas dickere, leckerere gibt es nur in scha’alan und am bab saruja, wo ich nie hinkomme. Und brötchen können die im deutschen cafe hier machen, da könnte sich der ein oder andere bäcker in deutschland eine scheibe von abschneiden. Draußen knusprig, drinnen saftig – wie man es auch bei jungs gern hat. Allerdings ist das frühstück (das neben den brötchen mit französischer marmelade, amerikanischem kaffee, holländischem käse und dänischer butter aufwartet) sündhaft teuer. Pro person einen durchschnittlichen tageslohn. Da ich für hiesige verhältnisse aber ja sehr reich bin, kann ich es mir so gerade leisten. Dann haben wir uns noch etwas in die sonne gesetzt und den tag vergammelt. Noch geht das, es ist noch nicht zu heiß.

Rafik geht am Nachmittag ins hamam und zum frisör, seine restlichen haare waschen, schneiden, legen (drei haare in sieben reihen). Ich mache artig arabisch-hausaufgaben und treffe mich dann mit ian, dem briten, den ich neulich mal im hamam kennengelernt hatte an der president-bridge. Er hat mehrere exchange-partner, mit denen er englisch-arabisch schnackt, bzw. stammelt, denn er meint, auch er mache keinerlei fortschritte. Das scheint ja auch eine möglichkeit zu sein und billiger als unterricht. Aber deutsch-arabisch ist natürlich seltener als englisch-arabisch. Und es muss in etwa passen – also vom niveau her meine ich. So dass der andere so gut/schlecht deutsch kann, wie ich arabisch spreche. Sonst bleibt man automatisch bei der sprache hängen, die beide am besten sprechen können (im zweifelsfalle englisch). Das problem ist: wenn ich leute kennenlerne, die etwas deutsch können, dann sind das meist so vollhonks, die das wegen klinsmann-bmw-hitler lernen. Und mit solchen typen dann ne stunde über „deutschland ist toll“ reden halte ich kaum aus. Englisch lernt ja jeder. Eben auch vernünftige menschen. Aber deutsch? Wäre ich franzose, ich hätte schon die besten kontakte in die französischsprachigen damen-salons der christlichen high-society gefunden, aber als deutscher?

Am abend mit freunden um den block gezogen. Im ali-pascha-cafe am merje gelandet, wo ein lustiges musikvideo lief. milham sein heißt der sänger, das lied: alouah. Habe sogleich um die ecke die mp4-cd dazu erstanden und kann es jetzt zuhause noch mal ansehen. Neben den obligatorischen szenen, die in keinem arabischen musikvideo fehlen dürfen (mann greift zum handy und ruft frau an, plastikträne auf gepuderter frauenwange und so), gibt es endlich mal wirklich lustige und bildstarke szenen. Eine großgruppe von männern und frauen in traditionellen und beeindruckenden trachten tanzt traditionelle und sehr wilde tänze (mit tollen trommeleinlagen). Dabei wirbeln sie mit schwertern herum. Soweit ja noch nicht außergewöhnlich. Aber die orte sind gut gewählt: vor der banque national du liban (einem schmucklosen 70er-jahre funktionsbau) zum beispiel, oder auf der baustelle zur neuen beiruter innenstadt. Am besten gefiel mir die 10-spurige straße, bei der sich hinter der tanzenden traditionsgruppe ein kliometerlanger stau entwickelt. Treffender kann man tradition und falsch verstandene moderne nicht miteinander konfrontieren. Ob es das video zum nachschauen auf youtube gibt, vermag ich leider (aufgrund syrischer zensurbestimmungen) nicht zu recherchieren.

Dann haben wir für mich eine anzeige aufgegeben, in der ich meine dienste als deutschlehrer offeriere. Es gibt hier mehrere gratis-blätter mit anzeigen. Alle kommen sonnabend raus. In einer haben wir die anzeige „geschaltet“ wie man wohl sagt. Auf englisch und auf französisch (denn wenn ich es auf arabisch getan hätte, hätte ich damit suggeriert, dass die telefonate zur anbahnung auch auf arabisch geführt werden könnten, was aber leider mitnichten so ist). dazu haben wir vorher noch eine extra telefonnummer besorgt. Die anzeige konnte man in einem musikladen in scha’alan aufgeben. Dort stand ein huhn mit einem kleinen block, auf den man handschriftlich (ich habe versucht in meiner schönsten sonntagsschrift zu schreiben, es wird aber sicher den einen oder anderen „transkriptionsfehler“ geben) seinen anzeigentext schrieb. Dann drückte man ihm das geld für die anzeige in die hand (keine quittung versteht sich) und das war’s. inscha’alah erscheint sie nun nächsten sonnabend.

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