Dienstag, 22. Juni 2010

demonstrationen gegens rauchen und pflaster mit sekundenkleber

Gestern vollauf beschäftigt mit internetcafe (in deutschland ist meine existenz offenbar der vergessenheit anheimgefallen – wenn man die antwort-quote auf meine emails als indiz nimmt), unterricht (vier stunden!) und anschließendem hamambesuch (zu voll und zu nervig). Als ich nach hause komme, ist zwar gekocht (mein zweites leibgericht: huhn mit kartoffeln und koriander) und die kaputte fensterscheibe ist auch repariert (sogar mit fensterkitt und für insgesamt nur vier euro – dafür würde bei uns ein glaser gerade mal einen blick auf die zerborstene fensterscheibe werfen) aber von rafik fehlt jede spur. Das ist merkwürdig, denn seine schuhe, sein oberteil und seine tüte sind noch da. Telefonisch ist er nicht zu erreichen. Spät erst kommt er nach hause. Vollkommen derangiert. Er habe sein telefon verloren und als er das hier bei mir bemerkte, sei er hals über kopf (eben in unterhemd und mit hausschuhen) auf die straße gestürmt und habe alle stationen des heutigen tages (mit ausnahme der mikrobusse die er benutzt hatte) wieder abgesucht, aber sein telefon war unauffindbar. Das ärgerlichste bei so was ist immer der verlust der nummern. Er bekommt innerhalb von 24 stunden von syriatel seine alte nummer wieder, aber sein telefonbuch ist verloren. Sein gerät kann man ersetzen (sogar ein besseres kaufen das auch musik spielt, wie er es gerne hätte) aber die nummern: man ist davon abhängig, dass die leute einen anrufen um sie wiederzukriegen.

Ich merke, dass meine malade schulter nicht wirklich besser wird. Das pflaster brennt zwar oberflächlich furchtbar, scheint aber in den betroffenen sehnen keinerlei wirkung zu entfalten. Dafür ist meine haut inzwischen rot und löst sich ab. Das pflaster ist zudem mit einem so starken klebstoff (vermutlich sekundenkleber) versehen, dass es sich sowieso nicht mehr rückstandsfrei von meinem geschundenen körper entfernen lässt. Gestern im hamam wurde ich von jedem auf das pflaster angesprochen. Man vermutete darunter eine neue tätowierung (!). wie gern hätte ich den mich begleitenden schmerz gegen eine solche eingetauscht und wie banal war es dann doch immer antworten zu müssen, dass es sich lediglich um ein schmerzstillendes (aber eben seinem namen keine ehre machendes) pflaster handelt. Ich habe es dann (nachdem ich von ca. 10 leuten darauf angesprochen wurde und vermeiden wollte, auch noch weitere 20 male diese ernüchternde antwort geben zu müssen) entfernt, bzw. versuche diesbezüglich unternommen, die eben als mäßig missglückt gelten müssen. Ich muss mir aus deutschland ein anständiges abc-pflaster mitbringen lassen.

Dann treffe ich mich mit meinem tandempartner. Wir übersetzen diese schönen transparente, die überall hängen und sehr akkurat handgemalte parolen zu bieten haben. Vermutlich sitzen da ganze kollektive von werktätigen wochenlang und malen (anstatt sich ihrer arbeit zu widmen) transparente, auf denen sie ihre unverbrüchliche treue mit dem präsidenten (oder wem auch immer) bekunden.

Eines dieser transparente ruft zu einer demonstration gegen das rauchen auf. Das ist ein geschickter schachzug, denn das nun seit einigen wochen geltende absolute rauchverbot hat nicht nur freunde (um es mal vorsichtig auszudrücken). Das verbot wurde anscheinend nicht von einer entsprechenden kampagne flankiert, die über gesundheitliche schäden des rauchens aufklärt. Die meisten raucher (und rauchen tun wie gesagt fast alle) wissen vermutlich gar nicht, dass das rauchen gesundheitsschädlich sein kann. Demensprechend verständnislos stehen sie dem verbot gegenüber. mein taxifahrer gestern zum beispiel meinte, der stau im abendverkehr sei nun wegen des rauchverbots viel schlimmer geworden. Überhaupt sei das ganze leben wegen des rauchverbots nun nicht mehr lebenswert. Und tatsächlich lassen sich erste subversive bestrebungen gegen das verbot erkennen. Während in den ersten tagen die aschenbecher weggeräumt waren und die cafes leer blieben, stehen heute zum beispiel im cafe havanna wieder aschenbecher auf den tischen und die anwesenden gäste rauchen wie zuvor. Eine demonstration, bei der die werktätigen massen (zumindest alle beamten und behördenmitarbeiter) ihre unterstützung dem neuen rauchfreien regierungskurs gegenüber beteuern, kommt da gerade zur rechten zeit. Ich finde die idee einer demonstration gegens rauchen so phantastisch, dass ich überlege noch gleich weitere demonstrationen vorzuschlagen. Warum nicht eine demonstration gegen fußpilz?

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