Montag, 8. März 2010

erstaunliche moden, einschlägige seiten und syrische gastfreundschafts

Ich werde mich bei der reiseleitung beschweren müssen! Es hat heute schon wieder geregnet und es ist bewölkt! Dabei hatte ich meinen aufenthalt mit schön-wetter-garantie gebucht. Oder vielleicht verfasse ich eine eingabe an den präsidenten, der sich hier ja eh um alles kümmert. Da kann er doch mal etwas mehr sorgfalt in die auswahl des wetters stecken! Dann kommt natürlich doch die sonne durch und ich gehe raus und kann bewundern, was die syrische textil-industrie so als neueste trends gesetzt hat: karo-gemusterte hosen und glitzerstoffe für hose und hemd! Daneben gibt es offenbar einen neuen handyklingelton, der aus einer art orgasmusgeschrei einer frau besteht und der den vorläufigen höhepunkt der sittlichen verkommenheit in der arabischen welt markieren dürfte.

Im deutschen cafe lief gestern das internet nicht, was gar nicht deutsch ist. und dabei habe ich es nur aufgesucht, weil ich ins internet wollte und ungestört ein bischen surfen. Ja, man kann sich hier nirgends auf deutsche gründlichkeit verlassen. gehe daher ins cosa, die auch ein wireless-lan haben, aber auch dort geht das nicht. (was ich ärgerlicherweise erst nach der bestellung merke, denn ich wollte ja nicht schon wieder was trinken, ich wollte verdammt noch mal ins internet!!!) Überall schnatternde französinnen, die müssen sie hier in der gegend busweise abgeladen haben. Selbst im deutschen cafe! Wird also mit internet heute nix glaube ich. Ist vermutlich an zentraler stelle abgestellt worden. Auch abgestellt war wieder die straßenbeleuchtung, als ich dann von vierten versuch ins internet zu kommen (nachdem das scha’alan-internetcafe abgelehnt hatte, meinen laptop ans kabel zu lassen – sei angeblich nicht mehr möglich, geht aber komischerweise immer, wenn der besitzer nicht da ist), dem inhouse-cafe (teils erfolgreich, aber ich konnte keine mails abfragen und versenden) zurückkam. Stockduster! Ich wollte davon mal ein foto machen, aber man sieht dann ja nur schwarz – das ist auch nicht sooo beeindruckend.

Gestern nacht habe ich den schritt in die moderne gewagt. ich habe mich nach einem kurzen treffen mit rafik, der morgen zu seiner schwester nach homs fährt, ins internetcafe gesetzt (in das schwule internetcafe am marje – dort funktionierte alles!) und mir auf einer einschlägigen seite ein profil zugelegt. Mal sehen was sich so ergibt. Etwas hat sich sofort ergeben: die mitarbeiter-crew (alles entzückende invertierte) haben sich in alter syrischer gastfreundschaft sofort an den computer gesetzt und mir profile und fotos von freunden von ihnen gezeigt, die mir gefallen könnten. Einer gefiel mir wirklich und den haben sie sofort angerufen (nachts um 2!) ich habe mich 20 minuten später mit ihm getroffen. Obwohl er in dubai arbeitet, gefällt ihm damaskus besser (was schon mal sympathisch ist) und er möchte lieber hier arbeiten. Er meinte außerdem, dass dubai vollkommen rassistisch sei, er habe den falschen pass. Als europäer verdiene man viel aber als araber sei man der letzte dreck. Ja, so lernt man hier neue leute kennen. So einfach ist das in deutschland wirklich nicht.

Beim arabischunterricht kamen wir auf das thema, was ich an deutschland möge. Und das fällt einem ja im prinzip immer erst im ausland auf. Und was ist es neben meinen freunden, der familie, einer guten zeitung, dem alten gouda oder dem wunderbaren nieselregen? Ja: die deutsche zuverlässigkeit. Es ist unglaublich zeitraubend und auch manchmal nervig, wenn etwas mal funktioniert und mal eben auch nicht. Wenn man fragt: habt ihr morgen geöffnet? und entgegen der zusage dann doch zu ist, wenn das büro, in dem rafik eben versucht hat unsere telefonrechnung zu bezahlen nun plötzlich doch schon um halb eins statt um drei zumacht, weil die mitarbeiterin besseres (vermutlich shoppen gehen) zu tun hat. Wenn ich ins internetcafe gehe, aber es dort keine internetverbindung gibt, und so weiter. Es gibt mindestens ebenso viele vorteile dessen (eben der deutlich geringere stress, den sich die menschen hier mit der arbeit machen, die haltung: wenn es nicht klappt, dann klappt es halt nicht, das, was die chefin vom goethe-institut vor jahren mal mit dem ausspruch „die syrer müsse man zum jagen tragen“ bezeichnet hat). Aber das thema war eben, was ich an deutschland mag und das ist so was.

Mich muss man nicht zum jagen tragen. Ich fahre freiwillig für ein paar tage in den osten des landes und bin erst nächste woche wieder zurück. Daher kündige ich schon mal eine reise-berichterstattung für nächste woche (aber eben auch eine einwöchige pause) an, denn ich weiß nicht, unter welchen bedingungen und ob ich dort überhaupt ins internet komme.

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