Montag, 8. März 2010

wie ich zu einer aufenthaltsberechtigung kam

Das unglaublichste des heutigen tages zuerst: ich habe eine zweimonatige aufenthaltsberechtigung für die arabische republik syrien erhalten (die ich dann verlängern muss). Und das kam so: da man nach 14 tagen im land seinen aufenthalt verlängern lassen muss, bin ich mit rafik zur ausländerbehörde gegangen. Im zweiten stock war ein furchtbares gedrängel, ich hatte das gefühl das mindestens ein viertel der über eine million iraker in damaskus sich verabredet hatten, heute ebenfalls dorthinzugehen. Rafik ist, obwohl so klein, ein spezialist im vordrängeln und nach einigen minuten hatten wir für 100 lira ein entsprechendes formular erstanden, mit dem man das erwünschte beantragen kann.

Mit diesem formular muss man dann in einen laden in der nähe gehen, in dem erstmal ein weiteres formular, dann das erstandene ausgefüllt werden. Diese beiden werden je drei mal kopiert, mit zwei weiteren vordrucken, zwei passkopien, der kopie des mietvertrages und der kopie von rafik ausweis (denn er ist der mieter) und vier passfotos (die auf elegante weise aus meinem reisepass gescannt wurden) zu einem bündel geheftet. Das ganze bekommt dann noch drei gebührenmarken und einen stempel mit unterschrift und kostet nur zweihundert lira. Mit diesem paket muss man wieder in den zweiten stock, wo bemängelt wurde, dass die erklärung rafiks, dass er mich in seiner wohnung wohnen lasse, fehle. Nachdem rafik diese schriftlich abgegeben hatte, wurde sie von einem anderen beamten gelesen, gestempelt, unterschrieben und rafiks fingerabdruck genommen. Dann konnten wir zum ersten schalter zurück, der das alles für gut befand und uns zu den weiteren stationen schickte, als da wären: der oberste general der abteilung und sein stellvertreter, der sicherheitsdienst und der computer (!!!).

im zimmer des obersten generals hingen sieben (!) bilder des präsidenten und drei seines vaters, es standen sechs telefone auf dem tisch, hinter dem zwei beamte (sicher leitende beamte) saßen, die beide nacheinander das zettelpaket geprüft, unterschrieben und jeder mit drei stempeln gestempelt haben (sobald sie zwischen eifrig geführten handy-telefonaten zeit dazu gefunden haben). Dann konnten wir zur sicherheit, wo der pass im nirvana verschwand. In diesem zimmer hingen bezeichnenderweise nur noch bilder des vaters des präsidenten, aber auch gleich mehrere. Der zugang zu diesem zimmer, in das alle müssen (das also publikumsverkehr hat) ist erstaunlicherweise durch einen aktenschrank verstellt, an dem man sich vorbeiquetschen muss. Dort gab es den pass schnell zurück, nachdem wir nach langer wartezeit beschlossen hatten, 200 weitere lira bestechungsgelder zu investieren. Nun mussten wir zum ersten schalter zurück, um uns die richtigkeit aller bisherigen schritte bestätigen zu lassen und unseren nächsten in angriff zu nehmen: den computer. Nicht, dass nicht überall computer herumstanden, aber die anderen waren eben alle nicht angeschlossen. Es gab nur einen, der an der stromversorgung war. Und in diesen tippte ein herr in seelenruhe alle pässe nacheinander ein (verzögert wurde das alles, da ausgerechnet nun die neuen türkisfarbenen schulterklappen für die uniformen aus einem alten karton heraus verteilt wurden, um die sich die beamten wie kinder balgten, obwohl man ja davon ausgehen kann, dass für jeden eine dabei war. Denn die alten blauen schulterklappen haben wohl ausgedient – auch andernorts findet eine uniformreform statt, dazu später mehr). Nach langer zeit war auch mein pass dran. Er stempelte alles ebenfalls drei mal (!), unterschrieb, schrieb etwas in meinen pass und gab uns das ganze zurück.

Nun waren inzwischen so viele stempel, gebührenmarken, unterschriften und fingerabdrücke auf dem ding, ich hätte es gerne behalten, aber das ist ja ein ding der unmöglichkeit. Wir also zurück zum ersten schalter, der unser bündel und meinen pass in empfang nahm, es alles nochmals unterschrieb, stempelte (auch drei mal) und sagte, wir sollten doch in eineinhalb stunden den pass wieder abholen. Nach eineinhalb stunden kramte er den pass dort hervor, wo er ihn zuvor hingelegt hatte, heftete eine karte in den pass, drückte einen stempel hinein und unterschrieb das alte formular nochmals. Dann schickte er uns wieder ins zimmer des generals, wo das gleiche schauspiel wie zuvor begann. Nachdem wir auch dort die nötigen unterschriften eingeholt hatten, konnten wir – zurück an den ersten schalter und nach (tatsächlich!) einem weiteren stempel und einer weiteren unterschrift, meinen pass mitnehmen, in dem ein zweimonatiger aufenthalt vermerkt ist. ich muss also ende februar doch mal kurz in den libanon oder nach jordanien (dann habe ich nach der einreise eh aufenthalt bis ende märz) oder anfang märz nochmals dorthin. Es war vielleicht etwas umständlich und ein bischen chaotisch, aber alles in allem sicher netter, als als ausländer auf einer deutschen ausländerbehörde.

Im mikrobus zur ausländerbehörde heute saß ein verrückter mullah. Nicht nur, dass er die ganze zeit das glaubenbekenntnis vor sich hin gebrabbelt hat (das kann in einem anfall religiösen wahns ja mal passieren), er hat aus dem mikrobus heraus jungs beschimpft, die öffentlich gegessen haben. Vermutlich hat er ihnen das höllenfeuer in aussicht gestellt. Und er hat in einem fort vor sich hin lamentiert und die leute belabert, die nur die augen verdreht haben. Religion gilt in Syrien ja als Privatsache. Erst später habe ich gesehen, dass er einen benzinkannister zwischen seinen füßen hatte. Vielleicht war er ja auf dem weg zu einem kleinen anschlag gegen ungläubige oder zu einer selbstverbrennung als fanal gegen den unglauben in der welt. Ja, solche leute tun ihrer sache keinen gefallen.

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