Montag, 8. März 2010

schlimme musikvideos, füßgängerbrücken und viele kaputte steine

Gestern abend bin ich aus dem osten des landes zurückgekommen. Am Dienstag bei der abfahrt hatten wir glück: der bus fuhr nach fünf minuten und es lief im bus ausnahmsweise mal kein actionfilm über ein busunglück, sondern es gab arabische musikvideos, was mindestens genauso schlimm ist. in arabischen musikvideos wird das abgeschmackteste, was die welt des bildermülls so hergibt immer wieder aufs neue recycelt. Ein mädchen im hochzeitskleid liegt im rosenbett/schnitt/ein mann greift zum handy/schnitt/eine träne rollt über ihre geschminkte wange/schnitt/der mann geht mit ernster mine (und singend) zu einer anderen/schnitt/und so weiter. Lauter hohle bilder. In jedem video aufs neue. Schon daran kann man erkennen, wie wenig innovativ diese gesellschaften (geworden) sind. Schade, denn es gäbe eine menge bildlicher ästhetik, die sich hier ohne probleme schaffen ließe.

In Derizor hat sich nicht viel verändert, seit ich vor einigen jahren das erste mal dort war. Eine große, unnötige und klobige fußgängerbrücke wurde im stadtzentrum aufgebaut. Vermutlich hat man sich gesagt, dass man die fehler der stadtplanung, die man in damaskus versucht gerade rückgängig zu machen, hier nun noch einmal aufs neue machen möchte. Sonst ist offensichtlich mehr los in der stadt, was man auch daran merkt, dass die hotels gut ausgebucht sind. Am nächsten morgen machen wir uns auf nach mari, einem fast 5000 (in worten fünftausend!) jahre altem „ort“ an der irakischen grenze. Es ist mehr ein sandiger hügel, aus dem man einiges ausgegraben hat, was dann an der frischen luft zerfiel, weshalb man dann ein dach über die ausgrabungsstelle gelegt hat (lehm ist dann doch nicht so resistent). Es ist sehr trocken und ausgesprochen sandig. Nach fast zweistündiger microbusfahrt in rasantem tempo über die piste (so muss man die straße wohl nennen) ist das natürlich nicht der garten eden, aber den hatten wir auch nicht erwartet. Immerhin gibt es cola! Und reisegruppen: italiener und deutsche! Und es ist ja dann schon auch irgendwie erstaunlich, wie alt manche sachen sind.

Dann fahren wir weiter (wieder microbus, diesmal haben wir nur die notsitze auf dem heißen motorblock – glücklicherweise dauert die fahrt nicht lange) nach doura-europos, einer immerhin über zweitausend jahre alten siedlung, die die römer hier hingestellt haben. Auch ganz schön kaputt der kram, aber man sieht mehr als in mari und hat einen schönen blick auf den euphrat. Als wir von dort wieder wegwollen, merken wir, dass der verkehr schon verdammt dünn geworden ist und die viertelstunde, die wir brauchen um einen microbus zu finden der uns mitnimmt, kommt uns verdammt lang vor, da wir die ganze zeit zweifeln, ob wir überhaupt wieder von dort wegkommen. Was macht man bloß, in der wüste, ohne wasser und ohne zelt in der nacht? Naja, eine beduinenfamilie hätte uns sicher unterschlupf gewährt. In derizor steigen wir gleich wieder in den nächsten bus nach palmyra (ja ein tag der busfahrten, am abend tut mir mein allerwertester dann auch ganz gehörig weh). Dort finden wir fast kein hotel, einige sind ausgebucht, andere nutzen den winter zum renovieren oder haben schlichtweg geschlossen. Erst das zehnte hotel hat noch zwei mäßige und überteuerte einzelzimmer frei – was sollen wir machen? Nach der fahrerei brauchen wir ein bett!

Wir essen in einem annehmbaren restaurant eines netten aber auch zu aufdringlichen jungen mannes, der uns gleich seine vollgeschriebenen gästebücher mit allerlei blödeligem lob über das restaurant unter die nase hält. Das essen war ok, aber ich habe schon deutlich besser gegessen und dann schreiben da blöde touris rein, dass sie schon 30 tage in ägypten, jordanien und syrien unterwegs seien, und noch nie so gutes essen gehabt hätten. da fragt man sich, wo die sonst gegessen haben. Arme menschen! Wenn die in 30 tagen nahost nicht einmal wirklich gutes essen bekommen haben, müssen die entweder schön blöd oder sehr arm sein, was bei touris ja eher ausgeschlossen ist. aber für solche leute ist der tourismus wohl gemacht: menschen, die nicht wirklich wissen, was gut ist und glauben, dass der reis, wenn auf ihm eine mandel liegt, nach einem altem orientalischen hausrezept der beduinengroßmutter zubereitet wurde.

In palmyra sieht man dann viele alte ruinen und steinsäulen stehen. In der masse schon beeindruckend und mit der milden witterung und einem leichten wind echt angenehm. Von der stadt zu den ruinen wurde eine funktionstüchtige straße weggerissen und es wurde eine dem historischen nachempfundene aber leider ob ihrer höckel unbenutzbare neue straße gebaut. Nun fahren alle neben der neuen straße im sand, was dann doch enorme aufwirbelungen produziert, weshalb man als fußgänger innerhalb kürzester zeit aussieht, wie das sandmännchen, wenn es in seinem sand gebadet hätte. Heute morgen haben wir uns dann noch den baal-tempel angesehen, der auch groß und kaputt ist. fast alle säulen umgefallen! Schlimm! Das können 40 jahre sozialismus aus einem blühenden land machen! (dieser spruch geht auf eine polenreise im jahre 1986 zurück, bei der ich einer gruppe deutscher heimatvertriebener durch das von den deutschen komplett zerstörte warschau begegnete. Beim anblick verwitterter fassaden der wieder aufgebauten häuser sagte einer der heimatvertriebenen (dessen eltern die häuser der polen vermutlich zuvor gesprengt hatten): „das können 40 jahre sozialismus aus einem blühenden land machen“. Seit dem ist das so eine art geflügeltes wort geworden).

Am gestrigen abend durchstreife ich noch die straßen der stadt und begegne zwei motoradfahrern, die mich fragen, ob sie mich irgendwohin mitnehmen können (sie sind schon zu zweit auf einer alten gurke – aber warum nicht?). Ich willige ein – zu dritt, dafür ohne helm auf dem motorrad! Zum glück fährt die gurke so langsam, dass es wohl nicht wirklich gefährlich war. Dann schlage ich vor, doch zu den ruinen zu fahren. Sie berichten von einer weiter außerhalb liegenden thermalquelle, die wir dann auch noch besichtigen (eine richtige kleine stadtrundfahrt in der nacht!). danach fahren wir querfeldein (sehr lange und sehr weit weg) zu einer hütte, zu der die beiden einen schlüssel haben und die der olivenernte dient. Licht wird mit einer an die motorradbatterie angeschlossenen glühlampe gemacht, die naturgemäß im laufe der zeit immer dunkler wurde. Erst war ich noch etwas unsicher. Sie hätten mich ja auch kaltmachen oder ausrauben oder was auch immer können, denn wir waren wirklich am arsch der heide, bzw. des olivenhaines, aber es war nicht so. wir haben lediglich etwas geplaudert, tee getrunken und kekse gegessen und ich habe die syrische gastfreundschaft genießen dürfen. Danach haben sie mich ins dorfzentrum zurückgefahren. Ja, die arabische gastfreundschaft!

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