Mittwoch, 17. März 2010

riskante fahrweisen, schmucklose häuser und chaotische medikamentenverteilung

Nun also der erste teil meines reiseberichtes aus latakia. am morgen hole ich das auto (ein schicker kleiner und neuer kia) ab und fahre elegant, wie es meine art ist im dichten verkehr nach hause, wo ich mich mit ali treffe. Den verkehr in arabischen ländern liebe ich sehr, er ist so muschelig. Man muss sich kaum an regeln halten und einfach nur nach vorne gucken und langsam fahren. Das ist alles. Ich mag das. Dann fährt ali mich beim internetcafe vorbei, da er noch sachen für lattakia von zuhause holen muss. Allein schon wie lange er braucht, um sich in den verkehr einzufädeln zeigt einen sehr defensiven fahrstil (was mir ja lieber ist) aber auch sehr wenig erfahrung im fahren. Ich erinnere mich dessen, was rami mir erzählte, der fahrstunden nahm, obschon er einen führerschein hatte, da er meint, den bekomme man hier quasi ohne jede fahrstunde und er fühle sich eben nicht fit, um zu fahren. Da aber alles gut geht und ali nach einer guten stunde zurück ist, fahren wir nach lattakia. Im kofferraum haben wir nun eine kiste tomaten (dort gibt es wohl nur oliven, das ist ja aber erst das halbe essen). Und auf dem rücksitz sitzt ein überdimensionaler teddybär als dritter mitfahrer.

Auf dem weg nach latakia (das auf syrisch ladii ausgesprochen wird und somit keinerlei ähnlichkeit zu inserem lattakia hat) ist die hölle los, wie eigentlich immer auf syrischen straßen. Nicht das so viel verkehr wäre. Wenn man aus damaskus raus ist, sind die straßen frei. Aber es scheint eine art linksfahrgebot zu geben. Erst im letzten moment weicht man entgegenkommenden fahrzeugen aus. Auch ali fährt so, obwohl ich sagen muss, dass er recht gut und eben defensiv fährt, wenn nicht dieses linksfahrgebot eben wäre, dass mir manchmal das blut in den adern gerinnen lässt (oder gefrieren? Aber dazu ist es eigentlich ja noch zu warm...). das wäre nicht ganz so schlimm, wenn nicht ausgerechnet die linke spur auf den mehrspurig ausgebauten straßen manchmal unvermittelt und ohne ankündigung endet und in ein schotterbett übergeht. Mehrfach schaffen wir es erst im letzten moment, uns wieder auf die alphaltierte straßen zurückzubegeben. Da wir über die hälfte des weges in der dunkelheit zurücklegen (und dunkelheit meint das auch, straßenlampen säumen nur die straßen, die der präsident mal fährt und hier scheint er nicht vorbeizukommen), ist die fahrt recht nervenzährend.

den weg säumen kleine brände, welche durch die straßenverkäufer angefacht werden. So weisen einem immerhin die rauchsäulen den weg. Bei uns wäre die feuerwehr im dauereinsatz, hier lässt man sie gewähren, umwelt ist eben in einem dritte-welt-land keine kategorie. Die familie von ali, bei der wir nach einer für dreihundertfünfzig kilometern recht langen fahrt am abend landen, ist entzückend! Arabische gastfreundschaft, aber nicht so übertrieben, dass es einem peinlich ist. keine kopftücher und man kann sogar den frauen die hand reichen. Das geht in syrien ja nur ganz selten bei besonders aufgeschlossenen syrern. Normalerweise geben sich fremde männer und frauen nicht die hand, nur frauen untereinander und männer untereinander. Alis eltern wohnen mit seinem kleinen bruder und seiner noch unverheirateten schwester – ja man muss sagen – auf dem lande. Die anderen fünf brüder und drei schwestern sind schon ausgeflogen, nur eine wohnt mit mann und kind in der nähe und ist somit auch anwesend.

Das haus ist nicht so klein und sehr schön gelegen. Von einer anhöhe hat man einen blick über die gesamte mediterane hügellandschaft bis zum meer. Ein wirklich außergewöhnlicher blick. Das haus ist schmucklos. unter anderem wundert mich, dass man hier die wände von innen nicht streicht. Sie sind einfach im verputzten zustand gelassen worden, was für uns ja eher gewöhnungsbedürftig aussieht. Die möblierung ist sparsam und funktional aber nicht praktisch in dem sinne. Immerhin ein sehr gutes bad mit stehtoilette und warmem wasser! Ich glaube, dass das haus für diese gegend eher gehobener standard ist, für unsereins ist es aber schon gewöhnungsbedürftig. Der gemeinsame raum ist allerding schön. Dort kommen alle zusammen, essen, reden und: sehen fern! Was wäre die arabische famlie ohne den fernseher? Nur der esel muss draußen bleiben und steht angeleint vor dem haus. Ich finde esel ja immer niedlich!

Das essen ist so, wie man sich es in einem klassischen film über eine arabische famlie immer vorstellt: oliven, tomaten, gefüllte auberginen (damit kann man bei mir ja keinen blumentopf gewinnen), aber auch gebratenes ei, hummus, joghurt, saita und brot, und so allerlei andere kleinigkeiten, die mit brot genommen und gegessen werden (praktisch: man muss hinterher kein besteck abwaschen!). nach dem essen verteilt ali die aus der großen stadt mitgebrachten medikamente. Es ist eigentlich verwunderlich und spricht gegen alle theorien für gesunde ernährung, dass menschen, die sich von den gaben der sie umgebenden natur ernähren, die als fette nur olivenöl, reichtlich gemüse und obst aus eigenem anbau und keine industriell verarbeiteten produkte zu sich nehmen dennoch so schwer krank sind, dass sie allerhand schlimme und bei uns verschreibungspflichtige medikamente benötigen. Beta-blocker und blutfettsenker, alles, was die syrische pharmaindustrie so im angebot hatte war dabei.

Das problem: wenn die packung anders aussieht, als die alte, wusste niemand, was da drin war und für wen (ob mama oder papa) die medikamente nun waren. Die zuordnungsversuche wurden tatsächlich nach der größe, form und farbe der tabletten vorgenommen. Die kleine gelbe ist eher für mama. Was aber, wenn die selbe tablette aus anderer produktion plötzlich grün und mit schlitz ist? dann nimmt papa sie in zukunft aus versehen, ohne sie zu brauchen und mama nimmt die falschen von papa. Ich habe versucht, mich mit hilfe der englischsprachigen beipackzettel an diesem spiel zu beteiligen, bin aber auch daran gescheitert, dass ich nicht wusste ob vastatine nun das selbe sind, wie das, was in den kleinen gelben irgendwie anders bezeichnet wurde. Vermutlich sind all die krankheiten also doch nicht ernährungsbedingt, sondern einfache nebenwirkungen ursprünglich mal unbedacht genommener falscher tabletten.

Geschlafen haben wir im zimmer, dass schwester und bruder für uns räumen mussten (die vermutlich im salon haben schlafen müssen). Das war recht komfortabel. Am morgen habe ich dann die ganze schönheit der landschaft bewundern können. Am meer ist es doch um diese jahreszeit schon erstaunlich warm. Am tag reicht ein t-shirt. Leider gibt es daher auch schon reichlich stechbereite mücken, die mich aber zum glück verschont und lieber ali ausgesaugt haben. So haben wir einige tag ein der ländlichen idylle verbracht und ich muss sagen: erholen kann man sich hier wunderbar!

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